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Kürzlich im Himmel. Erzengel Gabriel spricht mit Gott:

- Hey God, there are troubles on Earth, what shall we do?

 - Send Katrina, she will clear it.

 

Zwei Wochen später (gerechnet in irdischen Zeiteinheiten):

 - God-Father, a lot of problems persisted on Earth.

 - Send Rita, she will solve it.

 

Ein paar Wochen später:

 - Lord, still a Bush-fire plagues the Earth.

 - Send Wilma, she will blow it out.

 

 Plasphemie? Bloß ein Scherz? Nein, historische Wahrheit, an der man nicht rütteln kann, denn Tatsache ist, dass man im Himmel nun Englisch und nicht mehr - so wie früher - Latein spricht.

 

 So wie im Himmel geht man auch im Hause Habsburg mit der Zeit. Englisch und nicht mehr Deutsch spricht man nun an der Himmelpforte. Zumindest hat uns das Franziska, pardon, Francesca Habsburg (sprich: hä:bsö:rg) jüngst lang und breit, oder vielmehr langweilig aber bereitwillig, vorgeführt. Die Mäzenin ließ ihre Wortspenden jenen unerschrockenen Österreichern und Österreicherinnen, die sich montags ab 22.30 untertänigst dem „Treffpunkt Kultur“ ergeben, vom Englischen simultan ins Deutsche übersetzen. So cool war das Interview, dass es nun im „Club Ö1“ zum Download angeboten wird.

 

 Und in der Beweihräucherung dieses Beitrags schreibt der ORF ehrfürchtig auf seiner Website: „Wie einst Peggy Guggenheim fördert und sammelt die Artrebellin Kunst des 21. Jahrhunderts. Allein in den letzten zwei Jahren hat Francesca von Habsburg mehr als 200 richtungsweisende Kunstwerke erworben und folgte dabei dem Rat ihres Vaters, selbst einer der wichtigsten Kunstmäzene des 20. Jahrhunderts: Folge keinem Trend, sondern setze ihn selbst.“

 

 Da kann wirklich niemand mehr behaupten, dass Kultur nicht unterhaltsam sei. Ich hab selten so gelacht wie über den Ausdruck „Artrebellin“. Mit solchen Maßstäben wird Erzherzog Johann posthum zum Ziehvater von Che Guevarra und Fidel Castro. Damit hat der ORF sicher einen wichtigen Beitrag zum Geschichtsverständnis aller ÖsterreicherInnen geliefert. Vorzuhalten ist den Redakteuren nur, dass sie in einem Punkt der journalistischen Sorgfaltspflicht nicht nachgekommen sind. Wem denn weisen „200 richtungsweisende Kunstwerke“ die Richtung? Welche Richtung weisen sie? Und weisen alle 200 in die gleiche Richtung?

 

 Nun wurde Thyssen Bornemisza Art Contemporary, kurz TB A21, zwar erst vor zwei Jahren gegründet, doch wer in zwei Jahren 200 richtungsweisende Kunstwerke angesammelt hat – z.B auf der Art Basel Miami, wie uns der ORF, Bussi Bussi, auch brühwarm berichtet hat – wer sich also zwei richtungsweisende Kunstwerke pro Woche einverleibt, die/der/das muss vom ORF einfach in den Himmel gelobt werden. Anders als beispielsweise ein einfacher Maurer, der sich zwar nicht alles kaufen kann, was ihm gerade gefällt, der aber seit zwei Jahrzehnten (wahrscheinlich mehr als 200) KünstlerInnen in einer kleinen Galerie und in seinen Kunstheften Raum und Öffentlichkeit gibt – so ein Maurer wird den Fernsehkulturredakteuren auch in den nächsten 50 Jahren nicht einmal auffallen. Der könnte da nicht einfach auftreten und dem Publikum erzählen, dass Druckgrafik zur Demokratisierung der Kunst mehr beigetragen hat als Guggenheim und Bornemisza. Der könnte da nicht einfach über KünstlerInnen wie Gutruf, Mlenek, Schlinke, Stoilov, Waeger oder Ungersbäck sprechen, um nur ein paar Beispiele aus der vorigen Ausgabe der Kunsthefte zu nennen. So ein Maurer ist schlicht und einfach zu proletarisch für den Kulturauftrag, den der ORF zu verfolgen hat. So bleibt zu hoffen, dass diese Ausgabe der Wiener Kunsthefte nicht die letzte bleibt oder zumindest einen würdigen Nachfolger findet, um der Druckgrafik und anderen Themen abseits vom Mainstream weiterhin ein Forum zu bieten.

 

 Hubert Thurnhofer, Präsident IG Galerien

 

http://www.ig-galerien.at 

Erschienen in: Wiener Kunsthefte, Dezember 2005

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