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„Österreichs 100 beste und teuerste Künstler“ hat jüngst eine Jury im Auftrag der Illustrierten „Format“ gekürt. Nummer Eins wurde in diesem Rating Franz West mit 299 Punkten für seine künstlerische Bedeutung und 306 Punkten für seinen kommerziellen Erfolg, ergibt nach Adam Riese 605 Punkte als „Gesamterfolg“. Die Juroren haben in bester Song Contest-Manier bis zu 10 Punkte in jeder Kategorie verteilt. Damit die Wahl der Top 100 nicht zu schwierig wurde, hat man dieses Verfahren auf 135 Namen beschränkt.

Diese Beschränktheit ist symptomatisch für das Rating, bei dem 33 Galeristen und Ausstellungsmacher mit leicht durchschaubarem Kalkül – wenn man deren Programme kennt – mit gespielt haben. Damit lässt dieses Rating keine objektiven Rückschlüsse auf den vielschichtigen österreichischen Kunstmarkt zu, sondern ist lediglich ein Spiegelbild der begrenzten Wahrnehmungsfähigkeit der teilnehmenden Juroren, deren Horizont offensichtlich über die eigenen vier Galerie-Wände nicht hinaus reicht. Außerdem ist es prinzipiell unsinnig, per Jury-Entscheid den „Hermann Maier des Kunstmarktes“ zu bestimmen.

Schon bei oberflächlicher Betrachtung der Liste fällt auf, dass Namen wie Rudolf Hausner, Anton Lehmden, Arik Brauer und Ernst Fuchs (die Stadt Tulln widmet den Phantasten derzeit eine Ausstellung) konsequent ignoriert wurden. Die Erklärung dafür ist einfach: Es ist heute eben so modern die Wiener Phantasten abzuhalftern, wie es gleichzeitig in Mode ist ihre Nachfolger an den Wiener Kunsthochschulen hoch zu jubeln. In schöner Geschlossenheit finden sich diese unter den Top 50, von A wie Attersee bis Z wie Zobernig.

Neben den weltberühmtesten Künstlern von ganz Wien finden sich auch ein paar Namen aus der Provinz, wie der Kärntner Cornelius Kolig (Rang 70), der Tiroler Paul Flora (78) oder der Austro-Amerikaner Gottfried Helnwein (89). Allerdings ist Helnweins „künstlerische Bedeutung“ mit 105 Punkten die geringste aller Elite-Künstler, sogar Karl Korab (Rang 100) liegt mit 107 Punkten in dieser Kategorie noch vor Helnwein. Der Rest der Top 50-100 liegt hier bei plus/minus 150 Punkten, ist also künstlerisch wenigstens halb so bedeutend wie „das ewige Kunst-Enfant-terrible“ Franz West.

Starke Diskrepanzen bringt der Vergleich der subjektiven Wertung der Juroren mit den besten Auktionsergebnissen zu Tage. Hier landet West nur auf Rang 17, mit einem Ölbild im mittleren Format erzielte er im Vorjahr 12.000 Euro. Wie aus seinen vergleichsweise mikrigen Auktionsergebnissen ein klarer „Punktesieg“ in der Rubrik „kommerzieller Erfolg“ werden konnte, bleibt das Geheimnis der Juroren. Immerhin auf  208.711 Euro kam Hundertwasser im Juni 2000 bei Christies in London, ebenfalls mit einem mittleren Format. Dies bedeutet Rang Eins auf der Auktionsliste. Hier war es denn auch nicht möglich, Ernst Fuchs (Rang 6) und Arik Brauer (Rang 13) völlig zu ignorieren.

Obwohl die zweiteilige „Format“-Reportage unter dem Motto „Kunst als Investment“ steht, eine Analyse des Kunstmarkts und Analagetipps versprochen werden, findet der Leser kein einziges Kriterium zur Bewertung von Kunst. Ein gewisser G. Kargl, Galerist, wird wörtlich zitiert: „Gute Preise eines Künstlers entstehen dann, wenn Leute an ihn glauben.“ Mit diesem Credo dürfte der zitierte Juror wohl auch seine Expertisen für die Wiener Kunstauktionen vornehmen.

Der Vergleich weiterer Einzelbewertungen („künstlerische Bedeutung“ von Muntean/Rosenblum 250, von Alfred Hrdlicka dagegen nur 181) lohnt nicht der genaueren Analyse – sowenig wie die Bewertung der Song Contest-Teilnehmer Gegenstand einer kritischen Untersuchung sein kann. Der „Kunst-Guide“ von Format ist damit zwar bestens geeignet für Gesellschaftsspiele und kann auch bei Vernissagen für Gesprächsstoff sorgen, zur transparenten Bewertung von zeitgenössischer Kunst ist er jedoch nicht geeignet.

Wiener Kunsthefte, Juni 2003

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